Wasser schenkt nicht nur Leben, es kann auch bedrohlich sein und sogar Leben in Form von Überschwemmungen oder Sturmfluten zerstören. Die uralte Angst vor der zerstörerischen Naturgewalt des nassen Elements zeigt sich unter anderem immer wieder in unzähligen Mythen über tod- und verderbenbringende Wasserwesen. Gleichzeitig führt aber auch die Abwesenheit von Wasser zu unsagbaren Katastrophen. Nicht zuletzt steht die unfassbare Weite des Meeres als Symbol für die Unendlichkeit des Todes und des Jenseits.
Adolf Hirémy-Hirschl, Die Seelen am Acheron, 1898, Inv. Nr. 942
Es sind die Qualen der Sterbenden und der Toten, die hier dargestellt sind, ihre Furcht vor dem Ungewissen und die Verzweiflung über ihr verlorenes Leben. Götterbote Hermes führt die Seelen der Verstorbenen in den Hades. Der Acheron – auch Fluss des Leidens genannt – fließt im Nordwesten Griechenlands. Eine Besonderheit des Acheron sind seine eiskalten Frischwasserquellen, die nicht am Ursprung des Flusses, sondern entlang des Flussbettes recht nahe seiner Mündung liegen. Den antiken Griechen schien dieses kalte Wasser direkt der Unterwelt zu entstammen. In der griechischen Mythologie galt Acheron – neben Styx – als Totenfluss, auf dem Charon mit seiner Fähre die toten Seelen in den Hades bringt und damit die Unausweichlichkeit und Endgültigkeit des Todes besiegelt.
Oskar Laske, Das Narrenschiff, 1923, Inv. Nr. 2387
O‘ Narr, bedenk zu aller Zeit, dass du ein Mensch und sterblich bist, hatte Sebastian Brant 1494 in seinem humanistischen Werk „Das Narrenschiff“ warnend formuliert, worauf Oskar Laske in seinem gleichnamigen Bild zurückgreift. Das großformatige Gemälde zeigt ein mit Menschen überfülltes Schiff auf hoher See mit windgeblähten Segeln. Das Schiff versinnbildlicht die Welt und all ihr närrisches Treiben auf dem gefährlichen, stürmischen Meer des Lebens. Auf dem Schiffsdeck präsentiert der Künstler in einer unüberschaubaren Fülle von Einzelszenen die Wechselhaftigkeit und Wirrnisse des irdischen Daseins. Geprägt ist die Darstellung vom Gedanken der permanenten Bedrohung durch Krieg, Schmerz und Tod, der für Laskes Lebzeiten – der Zwischenkriegszeit – charakteristischen pessimistischen Grundstimmung.
Anton Faistenberger, Gewitterlandschaft, nach 1700, Inv. Nr. 10113
Ein Sturm tobt über das Land, das Gewitter ist voll im Gange. Entwurzelte umgestürzte Bäume, strömendes Wasser, hoch aufgetürmte schwarze Wolken und eine spannungsreiche Lichtführung sorgen für die entsprechende Dramatik der Darstellung. Sehr klein und hilflos erscheinen die Menschen am vorderen Bild vor diesen mächtigen Naturgewalten. Der Maler Anton Faistenberger beschäftigte sich in seinen Landschaftsbildern sehr oft mit dem heroischen Wesen und den machtvollen Kräften der Natur. Wie zahlreiche andere Künstler der Barockzeit auch, stellte er die von Regen und Sturm gebrochenen und verkrüppelten Bäume als Symbol für die Vergänglichkeit des Lebens dar.
Anton Lehmden, Nach der Sintflut, 1949/50, Inv. Nr. Lg 683
Die Künstler der Stilepoche des Wiener Phantastischen Realismus hatten den Zweiten Weltkrieg und seine unmittelbaren Folgen in voller Härte miterlebt. Geprägt von den Ereignissen seiner Zeit verarbeitete der Künstler Anton Lehmden seine Erfahrungen in Landschaftsbildern voll dynamischer Unruhe, in der Krieg, Naturkatastrophen und Verfall dominieren. In diesem Sinne ist auch seine Darstellung der Sintflut zu verstehen: eine durch die biblische Flutkatastrophe verwüstete Landschaft steht als Metapher für die sinnlose Zerstörung durch den vergangenen Krieg. Sintflut und Krieg haben beide stets die Vernichtung aller Zivilisation zum Ziel.
Richard Teschner, Platzregen, 1907, Inv. Nr. 4714
Der Platzregen erscheint in Form eines bauchigen, riesigen triefenden Ungeheuers, das sich über die schutzsuchenden Menschen stürzt. Sehr anschaulich vermittelt damit der Künstler in seiner Darstellung die Stimmung eines verhangenen, kalten Regentages, die wohl jeder von uns sehr gut nachvollziehen kann. Das Unheilvolle der Szene liegt weniger in der Gefahr einer Naturkatastrophe als vielmehr in der deprimierenden Wirkung auf das Seelenleben des einzelnen Menschen, der verzweifelt nach einem Lichtblick sowohl am Himmel wie auch in seinem eigenen Leben Ausschau hält.
Leopold Carl Müller, Markt in Kairo, 1878, Inv. Nr. Lg 353
So katastrophal sich Wassermassen auf den Menschen auswirken, so lebensbedrohend wirkt Wassermangel. Nirgends wird Wasser so geschätzt wie in der Wüste und niemals wird es so herbeigesehnt wie in Zeiten anhaltender Dürre. Den meisten Hungerkatastrophen gehen jahrelange Trockenperioden voraus, denn Wasser ist Voraussetzung für Wachstum und Fruchtbarkeit. Die Darstellung zeigt das Treiben eines Markttages unter heißer ägyptischer Sonne. Wasser ist rar, man sieht nicht nur den Dunst der Atmosphäre, man spürt sogar den heißen Sand und trockenen Staub.
Caspar David Friedrich, Meeresstrand im Nebel. Um 1807, Inv. Nr. 3700
„Der Maler soll nicht bloß malen, was er vor sich sieht, sondern auch was er in sich sieht“, sagte der Dresdner Künstler Caspar David Friedrich über seine Bilder. Sein Ziel war es, nicht ein Abbild der Natur zu schaffen, sondern die Natur in ihrem Wesen und das damit verbundene Überirdische oder auch Göttliche zu erfassen. Das Bild mit dem im Nebel verschwindendem Schiff wird als Sinnbild des Todes und auch der Ewigkeit gedeutet; die am Strand zwischen den Steinen zurückgelassenen Geräte verweisen auf die Überwindung des Lebens mit all seinen irdischen Lasten und Mühen.
10.07.2020