Fortschritt

Wasser ist echt stark. Mit enormer Kraft fließt es stromabwärts, befördert Schiffe mit Passagieren oder Waren und bewegt dabei nicht nur Tonnen von Gestein tief unten am Flussbett, sondern auch Wasserräder und Turbinen. Diese Kraft macht sich die Technik zu Nutze: Wasserkraftwerke erzeugen Energie für unsere Haushalte. Ein Teil des Stroms, der aus unseren Steckdosen fließt, wird aus Wasserkraft gewonnen. Aber nicht nur wir heute, sondern auch die Antike wusste bereits die Kraft des Wassers zu gebrauchen. Dies hat Künstler seit jeher fasziniert: Wassermühlen, Dampfschiffe und Hammerschmieden wurden als Bildmotive gewählt.

Emil Jakob Schindler: Dampfschiffstation in Kaisermühlen, um 1871/1872, Inv. Nr. 3338

Flüsse sind Lebensadern. Entlang der Ufer haben sich über Jahrhunderte hinweg Städte und Dörfer angesiedelt. Als Transportwege eignen sich Flüsse besonders gut. Waren lassen sich so über große Distanzen leicht von A nach B bringen. Wasser steckt auch hinter den Anfängen der Industriellen Revolution. Es ist der Wasserdampf, der die Dampfmaschinen in den Fabriken, die Eisenbahnen und die Dampfschiffe betreibt. In hellem Weiß erstrahlt der Dampfer, der hier in Kaisermühlen angelegt hat. Über ihm am Ufer flattert eine Fahne am hohen Mast, die den Schiffen den Weg durch das Gewirr von Wasserarmen der noch unregulierten Donau weist.

Moritz von Schwind, Die Schifferin, (Baronin Marie Spaun am Gmundner See), um 1851, Inv. Nr. 2456

Die romantische Darstellung einer Bootsfahrt auf dem Gmundner See hat weniger mit einem zweckmäßigen Transport als vielmehr mit einem sommerlichen Urlaubsvergnügen zu tun. Die gehobene Gesellschaft aus Wien hielt sich in den Sommermonaten sehr gern im Salzkammergut in Oberösterreich auf. Der Maler Moritz von Schwind stellt hier die Baronin Marie Spaun vor einem wolkenbedeckten Himmel stehend dar. Versunken in der meditativen Tätigkeit des Ruderns, scheint sie eins zu sein mit der Natur.

Hugo Charlemont, Interieur einer Hammerschmiede, 1883, Inv. Nr. 2784

Was hat dieses Bild eigentlich mit Wasser zu tun? Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass Wasser hinter alldem steckt, was hier zu sehen ist. Seit langem nutzen Menschen die Kraft des abwärts fließenden Wassers. Über Wasserräder lassen sich nicht nur Mühlsteine zum Mahlen von Mehl antreiben, sondern auch Sägen oder Hämmer zum Schmieden von Metall. Hugo Charlemont gibt hier Einblick in einen der vielen Handwerksbetriebe, welche im 19. Jahrhundert weitgehend von der Industrie verdrängt wurden. Detailverliebt zeigt der Maler alle Einzelheiten der Arbeitsstätte: Werkzeuge, Maschinen, verschwitzte Arbeiter und sogar der aufsteigende Dampf sind zu sehen.

Emil Jakob Schindler, Mühlwehr bei Plankenberg, 1889/91, Inv. Nr. 2440

Emil Jakob Schindler war ein Maler des Lichts und der Luft. Er stellt die zivilisierte Natur wie eine Parklandschaft dar – weder rein realistisch noch allzu poetisch. Hier zeigt er ein Mühlwehr bei Plankenberg, wo der Künstler in unmittelbarer Nähe seit 1885 den Sommer im Schloss verbrachte. Dort entstand eine Künstlerkolonie, in der Schindler Freilichtmalerei unterrichtete. Das Mühlwehr dient vorrangig als Stauanlage zur Regulierung des Wasserstands, des Gefälles und des Abflusses. Auch schützt es die angrenzenden Ansiedlungen vor der zerstörerischen Kraft von Hochwasser.

Emil Jakob Schindler, Sägemühle im Morgennebel, 1886, Inv. Nr. 381

Die poetische und stimmungsvolle Naturdarstellung in Emil Jakob Schindlers Werk hat nichts Bedrohliches: Sie ist beherrschbar, aber noch genug Natur, um als Idyll wahrgenommen zu werden. Kein Wunder also, dass Schindler am liebsten Mühlen malte: Die Mühle in Plankenberg und die Gosaumühle bei Ischl, die Sägemühle bei Morgennebel und die alte Mühle am Chiemsee. Die Mühle ist als Symbol für das idealtypische Verhältnis von Mensch und Natur zu verstehen. Beide sollen zusammenspielen, beherrscht, aber noch wild genug!

10.07.2020

Skip to content