Obwohl es der Name nicht vermuten ließe, ist das ukrainische Bachneunage neben dem Bachneunauge eine von zwei Neunaugenarten in unseren Gewässern. Neunaugen sind den Fischen zwar sehr ähnlich, sind aber stammesgeschichtlich basale Wirbeltiere. Neunaugen gibt es seit über 500 Millionen Jahren und in dieser Zeit haben sie sich kaum verändert. Daher nennt man sie auch „lebende Fossile“. Dennoch wollen wir die Neunaugen in unserem Fischlexikon anführen, immerhin schwimmen auch sie in unseren Gewässern und könnten auf Grund ihrer Ähnlichkeit für Fische gehalten werden.
Der aalartige Körper ist in der Mitte am dicksten und wird zwischen 16 und 23 Zentimeter lang. Das ukrainische Bachneunauge hat am Rücken eine dunkelbraune bis aschgraue und am Bauch eine weiße Farbe. Die Rückflossen sind immer voneinander getrennt, das mit einer Saugscheibe ausgestattete Maul ist bezahnt und dient als Unterscheidungsmerkmal zu anderen Neunaugenarten. Ihre Namen verdanken die erwachsenen Neunaugen ihrer Nasenöffnung und den seitlichen Kiemenöffnungen, welche in einer Reihe von den Augen wegführen und wie weitere Augen aussehen.
Versteckte Lebensweise
Anders als verwandte Arten aus dem Meer lebt das ukrainische Bachneunauge nicht-parasitisch, sondern weisen einen sehr ungewöhnlichen Lebenszyklus auf: während der Laichzeit zwischen April und Mail sammeln sich die reproduktionsfähigen Tiere in Gruppen an schnell überströmten Kiesbänken, an welchen die Männchen Laichgruben ausheben. In diese legen die Weibchen ihre Eier, die darauf hin von den Männchen befruchtet werden. Auf den Schlupf erfolgt eine mehrjährige Larvalphase, welche die kleinen Larven (auch Querder genannt) blind in feinem Sediment verbringen und Nahrung aus dem Wasser filtern. Erst nach dem Erreichen der Geschlechtsreife werden funktionsfähige Augen, eine Mundöffnung ausgebildet und Geschlechtsprodukte angelegt. Ab diesem Zeitpunkt ist die Larvenphase beendet, das Verdauungssystem bildet sich zurück und die Tiere stellen die Nahrungsaufnahme ein. Der letzte Schritt in ihrem Leben ist die Reproduktion, wobei sie unmittelbar nach dem Laichgeschäft verenden.
Lebensraum
Zu finden ist das ukrainische Bachneunauge in Unterläufen von Donauzuflüssen und der Donau selbst. Gravierende Eingriffe in unsere Gewässer machen dieser Art aufgrund ihres sehr speziellen Lebenszyklus zu schaffen. Speziell kleinere Bäche, die den bevorzugten Lebensraum dieser Tiere darstellen, sind durch die Nutzung der Wasserkraft bzw. durch den Bau von Ufersicherungen degradiert. Das feinsandige, lockere Sediment, welches die Querder für ihre Entwicklung brauchen fehlt in den meisten Bächen, sodass ukrainische Bachneunaugen nur mehr in wenigen österreichischen Gewässern vorkommen und auf der roten Liste der gefährdeten Arten (Richtlinie 92/42/EWG Anhang II) angeführt sind.