Ein Holländer im Meer aus Plastik

Boyan Slat tauchte mit 16 Jahren wortwörtlich mit dem Kopf voraus in seine zukünftige Herzensmission und Unternehmensidee: Als er bei einem Griechenlandaufenthalt mit Erschrecken feststellte, dass er beim Tauchen mehr Plastik als lebendige Meeresbewohner entdecken konnte, beschloss er, etwas gegen diese enorme Verschmutzung zu unternehmen. 10 Jahre später ist aus der Idee das Unternehmen „The Ocean Cleanup“ geworden, das es sich zum Ziel gemacht hat, die Weltmeere und Flüsse von 90% des darin befindlichen Plastiks zu befreien. Wie das gehen soll und warum es so wichtig ist, erfahrt ihr in unserer heutigen Webstory.

Das Problem: 8 Millionen Tonnen schwer und tödlich

8 000 000 Tonnen in 5,250 000 000 000 Einzelteilen. Jedes Jahr gelangt diese unvorstellbare Menge an Plastik in unsere Weltmeere. Würde man all die Kaffeebecher, Fischernetze und Einweg-Teller in Einkaufssackerl packen, könnte man an jeder Küste der Welt alle 30cm fünf davon aufstellen. Und sofern sich am aktuellen Umgang mit Müll nichts ändert, werden es 2025 bereits zehn Sackerl auf derselben Fläche sein.

Uns fallen verdreckte Strände und Gewässer meist nur im Urlaub auf – für andere bedeuten sie jedoch den sicheren Tod. Da viele Meeresbewohner oft nicht zwischen Futter und Mikroplastik unterscheiden können, gelangen Abfälle in ihr Verdauungssystem, wo sie ihr Körper nicht zersetzen kann und so den Magen verstopfen. Andere verheddern sich im Müll und können sich nicht aus eigener Kraft befreien. Auf lange Sicht bedeutet das: In 33 Jahren könnte mehr Abfall als Fische in den Weltmeeren schwimmen.

Der Typ, der es angeht: Visionär und Sturkopf

Den ‚Great Pacific Garbage Patch‘ mit einer Fläche doppelt so groß wie Frankreich in wenigen Jahren reinigen? – Unmöglich und naiv! Immer wieder versuchten Kritiker Boyan sein Vorhaben auszureden. Es sei eine Verschwendung von Zeit, Geld und Energie, die immensen Mengen an Abfällen aus dem Meer zu fischen. Doch er hörte nicht auf sie. Lieber verbringt er seine Zeit damit, die Meinungen und das Wissen von so vielen Experten wie möglich einzuholen. So ist sein Team innerhalb weniger Jahre von ein paar Freiwilligen auf 65 Angestellte gewachsen, von denen die meisten älter sind als er. Intensiv forschen sie, stellen Berechnungen an, testen und konnten 2016 schließlich ihren ersten Prototypen vor der niederländischen Nordseeküste in Betrieb nehmen.

Wie eine überdimensionierte Wimper sieht die Konstruktion, die den Müll auffangen soll, wohl auf Satellitenbildern aus. Die Ingenieure verzichteten auf Netze, in welchen sich Meerestiere verheddern könnten und nutzten die natürlichen Strömungen, um ohne Energieaufwand möglichst viel Plastik einzusammeln. Der Abfall treibt auf diese Weise ganz natürlich in die riesigen, halbmondförmigen Schwimmer und kann in regelmäßigen Abständen von Containerschiffen abgeholt und zum Recycling an Land gebracht werden.

Zwar musste Boyan und „The Ocean Cleanup“ viele Rückschläge in Kauf nehmen – technische Probleme und enttäuschende Forschungsergebnisse stellten sich der Mission immer wieder in den Weg – doch mittlerweile kommt das Team seinem Ziel jeden Tag ein Stück näher. Ob das Projekt mit der Beseitigung der weiterhin in Unmengen anfallendem Plastikabfälle hinterherkommen wird, ist noch unklar. Was der junge Holländer jedoch bereits jetzt beweisen konnte ist, dass auch und gerade junge Menschen mit Ehrgeiz und Mut das Potenzial besitzen, sich selbst enormen Herausforderungen zu stellen und die Welt ein bisschen besser (und sauberer) zu machen.

Hier kannst du mehr über das Projekt erfahren: https://theoceancleanup.com/

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